Disclaimer: Jede:r hat Sex und BDSM auf seine/ihre ganz eigene Weise. Es gibt kein falsch oder richtig, kein besser oder schlechter. Jedes Beziehungs-, Lebens-, und Sexualitätsmodell ist völlig in Ordnung und wird in diesem Blog-Artikel keinesfalls hinterfragt. Vielmehr gebe ich einen Einblick in meine persönliche, aktuelle BDSM-Ideologie. Als Inspiration und Denkanstoß.

Wir können Nachos ohne Käsedip essen, Urlaub ohne All-Inklusive machen, bei der Pizza den Rand übriglassen und Model sein, ohne uns auszuziehen. Hartgesottene trinken Wodka pur, ohne Beigetränk und ich darf mich Autorin schimpfen, obwohl ich kein einziges Buch schreibe. Aber sobald ich gestehe: „Ich lebe BDSM ohne Sex aus,“, ernte ich Blicke, als würde ich einem Lemuren Integralrechnung erklären müssen. Wie soll das denn gehen? Noch fragender werden die Gesichter, wenn ich rechtfertigen muss, warum mein Partner mich nicht auf Fetisch-Partys oder Messen begleitet. Meistens bin ich in dieser Situation für ein adäquates Statement nicht bereit. (…okay okay, ich bin aufgrund meines Alkoholpegels nicht imstande.) Deswegen soll es in diesem Artikel darum gehen.

BDSM ist mehr als Sex

BDSM ist facettenreich und viel. Es ist eine ganze Welt voller Dinge und Spielweisen, die man entdecken kann. Je nach Vorliebe konzentrieren wir uns auf bestimmte BDSM-Gebiete. Sind diese vorwiegend sexueller Natur, vergessen wir schnell die vielen anderen Bereiche von BDSM, die mit Sex gar nichts am Hut haben (müssen). Denn Geschlechtsverkehr ist genauso obligatorisch für BDSM, wie ein Schulabschluss fürs Kinderkriegen. Fragt mal eine Riggerin, ob sie mit jedem Menschen, den sie fesselt schläft. Oder eine klassische Domina. Oder den Mann hinter der Pferdemaske. Es gibt massenhaft Praktiken, die auch ohne den Einsatz unserer Geschlechtsteile Riesenspass machen: Waxplay, Erniedrigungsspiele, Fußerotik, Keuschhaltung und natürlich die ganze Palette sadomasochistischer Praktiken, um nur ein paar zu nennen. Ihr seht also, ich habe auch ohne Sex noch genügend Auswahl.

Und es gibt einen weiteren Punkt, den diejenigen vergessen, die im BDSM hauptsächlich ihre sexuelle Erfüllung suchen. BDSM ist nicht nur eine Aufzählung von Praktiken. Für mich steht BDSM genauso für ein Mindset. Offenheit gegenüber Anderen und mir selbst. Teil einer sexpositiven Szene zu sein, in der man sich wohl und sicher fühlen darf. Weswegen besuchen wohl so viele queere Personen Fetischpartys und lassen sich von den klassischen BDSM-Styles inspirieren? Ich für meinen Teil gehe nicht auf Fetisch-Partys, um den nächsten Fick unter Gleichgesinnten zu finden und auch nicht, um mit wildfremden Personen ausgelassen Edgeplay zu betreiben. Ich besuche solche Veranstaltungen, weil ich mich anziehen kann, wie ich möchte, tanzen kann wie ich möchte, erzählen kann was ich möchte und erleben kann was ich möchte. In einem sicheren Umfeld ohne übergriffige Flirtversuche und schiefe Blicke.

BDSM in Theorie und Praxis

Gut, ihr habt also verstanden, der Kitteh geht’s bei dem ganzen Schweinkram gar nicht ums Vögeln, sondern um das ganze kinky drum herum. Aber lebe ich dann BDSM überhaupt aus? Allein, dass diese Frage gestellt werden muss, fühlt sich für mich oft wie ein kleiner Angriff auf meine Kink-Persönlichkeit an. Ein bisschen, als würde mir abgesprochen BDSMlerin und Teil der Szene zu sein, wenn ich nicht wenigstes hin und wieder an einem Sub das Bein hebe oder mir einen Strap-on umschnalle. Aber irgendwann habe ich entschieden, dass es mir egal ist „wie BDSM“ mich andere auf einer Skala von 1-10 einstufen, die nur darauf basiert, wie viele fremde Geschlechtsorgane ich mir so anschaue.

Trotzdem kann ich euch beruhigen. Hin und wieder lebe ich meine Vorlieben auch aus. Ohne euch die gesamte Bandbreite meiner privaten Vorlieben abzurollen, bleiben wir mal bei einem meiner liebsten asexuellen Themen: Erniedrigung. Ich finde es einfach fantastisch, wenn eine andere Person sich mir aus freien Stücken unterwirft und auf meine Führung vertraut. Wenn ich die Person dann auch noch an die Grenzen ihres/seines Schamgefühls bringen darf, in dem ich sie beispielweise verbal oder mit spannenden Aufgaben erniedrige, dann breitet sich in mir ein starkes Gefühl der Erregung aus. (So und jetzt genug Sextalk, ich sehe schon wieder mindestens fünf Hans-Peters, die sich auf die letzten zwei Sätze einen schleudern.) Ich versetze mich also wieder in euch hinein und stelle die Frage: „Aber Kitteh, wenn dich das erregt, warum hast du dann kein sexuelles Interesse an diesen Situationen?“

Erregung und Lust – The Difference

Das liegt daran, dass Erregung und Lust für mich zwei paar Schuhe sind. Wie Pleaser und Haifisch-Nikes: Beide finde ich super, beide trage ich. Pleaser auf Fotos, Momentaufnahmen in denen ich eine bestimme Rolle darstelle. Sneaker trage ich privat, weil ich mich gleichzeitig wohl und gut angezogen fühle. Dieses Bild lässt sich für mich super auf Erregung und Lust übertragen. Auch wenn ich in einem Moment erregt bin, führ das nicht dazu, dass ich mich sofort von dieser Situation sexuelle angezogen fühle. Ich genieße den Moment wie er ist, ohne das Bedürfnis über jemanden herzufallen, zu dem ich kleine emotionale Bindung habe. Denn die braucht es bei mir, damit aus Erregung Lust – und somit auch sexuelles Verlagen wird.

Was es mir außerdem sehr einfach macht, meine praktische Sexualität von meinem Kinky-Self zu trennen ist der Umstand, dass ich BDSM nicht zwingend brauche. Bei manchen SMlern ist das Lustempfinden ganz stark an ihre Vorlieben im Bereich BDSM geknüpft. Die können dann sozusagen gar nicht mehr feucht werden, wenn ihnen nicht wenigstens jemand auf den Fuß steigt oder sie ein „böses Mädchen“ nennt. Extreme Fetischisten können/wollen Sex vielleicht nur noch über ihren Trigger erleben. Ich funktioniere auch noch ganz fantastisch auf Vanilla-Art, deswegen sah ich nie einen Grund meine Partnerwahl nur auf BDSMler zu beschränken.

BDSM und Partnerschaft

Obwohl ich schon mehrfach erwähnt habe, wie offen und achtsam die BDSM-Community ist, hin und wieder hat die Szene auch das Feingefühl eines Schlachthausköters. Zum Beispiel, als ich auf die oft gestellte Frage warum mein Freund nicht mit auf der Party sei, mal wieder kurz und bündig antwortete: „Der ist nicht kinky, das ist nicht sein Ding.“ Wahrscheinlich war es gar nicht so gemeint, aber die anschließende Frage: „Dann habt ihr eine offene Beziehung?“ hat mich ein wenig geärgert. Als ob eine klassische monogame Beziehung etwas wäre, das mir beim BDSM im Weg steht. Natürlich würde ich mich als Single anders verhalten (können). Aber das hat nichts mit der sexuellen Orientierung meines Partners zu tun, sondern mit meinem eigenen präferierten Beziehungsmodell, dass eben ganz konservativ lautet: Bist du Single, darfst du bumsen, bist du in einer Beziehung, dann bums gefälligst zuhause. Ich will und brauche also gar keine offene Beziehung, um mich kinky genug für die Fetischwelt zu fühlen. Was ich wirklich brauche ist Vertrauen, Toleranz und zu wissen wo mein Arsch am Ende des Tages oder besser gesagt der Nacht hingehört. Und das, liebe Freunde, weiß ich.

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