Wenn wir “Selfcare” googeln, bekommen wir sieben Tipps serviert. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich denke da beim Lesen an eine sanfte, dürre Frau mittleren Alters, die bunte Tücher trägt und ihren Fencheltee schlürft, während sie mir diese Floskeln zuhaucht. Deswegen habe ich die Regeln der Selbstfürsorge für euch aufbereitet und übersetzt.

1. Liebe deinen Körper. Öffne dich für die Bedürfnisse deines Körpers

Ja, damit ist unter anderem gemeint, dass du deine Beine oder deine Fressluke öffnen darfst. Aber nicht nur und nicht bei jeder Gelegenheit. Jeden Tag Pizza zu fressen und Starbucks zu süffeln ist KEIN Bedürfnis deines Körpers. Regelmäßige Nahrungsaufnahme hingegen schon. Bewegung ist übrigens auch ein Bedürfnis deines Körpers, just sayin‘. In unserer Welt aus Überfluss ist es bestimmt nicht leicht, die Bedürfnisse deines Körpers immer richtig einzuordnen. Aber wenn du es als Selbstfürsorge bezeichnest, einen Teller Nudeln zu essen, dann läuft bei dir genauso was falsch, wie wenn du glaubst, Diäten sind nur etwas für Menschen, die ihre Körper hassen. Im Grunde geht es bei “Liebe deinen Körper” darum, diese sexy Fleischhülle, in der dein ganzer Psycho-Kram stattfindet, gesund und munter zu halten.

2. Hege deine Gefühle

“Hegen”, das ist so ein Oma-Wort für etwas umsorgen und pflegen. Meistens benutzen wir es eher für Tomatensträucher oder Kresse, als für den Umgang mit unseren Gefühlen. Ein theoretisch ganz simpler Aspekt der Selbstfürsorge ist es, deine Emotionen, deine Freude aber auch deine Ängste und deine Traurigkeit für voll zu nehmen. Die Gefühle eines/einer jeden von uns sind valide. Was du fühlst muss nicht erst von anderen bestätigt werden. Okay, praktisch gesehen sind manche Gefühle auch leicht irrational. Ich denke da an einen Dienstag im Oktober, als ich ausziehen wollte, weil ich die 400-Euro Felgen meines Freundes angefahren hab.  Die Angst, dass er mich für immer und ewig hassen wird, war natürlich Mumpitz. Aber mein Gefühl der Scham und des Versagens waren wirklich da und wollten einmal von vorne bis hinten gehegt werden.

3. Schlafe erholsam und viel

Unterstreiche ich voll und ganz. Schlaf ist absolut wichtig, kostet nichts und tut sehr viel für uns. Allerdings muss man hier ehrlich sein: Zwölf Stunden durchratzen, nachdem man zwei Neflix-Serien, einen Joint und einen Dönerteller inhaliert hat, ist keine Selbstfürsorge. Schlaf wichtig zu nehmen heißt auch nicht, sich keinen Wecker mehr zu stellen, oder das warme Bett jeder anderen Tätigkeit vorzuziehen. Vielleicht bedeutet viel und erholsam schlafen ja auch, nicht jede Nacht bis um Zwei alle Expartner:innen deines nächsten Dates auf Instagram zu analysieren? Und auch nicht noch schnell eine Präsentation für die Arbeit fertig zu machen, Reiseangebote zu vergleichen oder bis zur Sehnenscheidenentzündung auf Tiktok rumzuwischen?

4. Gestalte deinen Raum

Okay, Marie Condo, und wie soll ich mir jetzt aus meiner 1-Zimmer Wohnung im Plattenbau, für die ich schon 75 % meines Einkommens an Miete abdrücke eine Pinterest-Wohlfühloase schustern? Falls ihr euch das jetzt fragt, keine Sorge: Selbstfürsorge hat nichts mit Lebe-Liebe-Lache-Wandtattoos oder der größtmöglichen Ansammlung von Zimmerpflanzen zu tun. Vielmehr ist hier gemeint, den Ort und die Zeit, die dir zu Verfügung steht achtsam zu gestalten. Denk mal über dein Wohnloch hinaus: Was fängst du mit deinen 24 Stunden Tag so an? Bist du auch mal draußen? Was hast du gern um dich? Wann und wo machst du deine Pausen? Solltest du vielleicht mal die dreckigen Teller wegräumen? Wie viel Ordnung würdest du halten, wenn deine beste Freundin oder dein bester Freund zu Besuch wäre? So viel und nicht weniger ist nämlich auch für dich allein angemessen.

5. Stärke deine Verbundenheit

Da gibt es einerseits die Verbundenheit zu sich selbst, aber auch die Verbundenheit zu anderen. Beides ist wichtig. Bei der Selbstfürsorge haben wir natürlich erstmal Ersteres im Auge. Es ist nicht egoistisch, auch mal etwas zu verschieben oder abzusagen, ohne einen konkreten Grund, sondern einfach deinetwegen. Aber nur weil du dir auf eine gesunde Weise selbst am nächsten bist, schließt das nicht die Verbundenheit zu anderen Menschen aus. Du musst beispielsweise nicht sofort auf Nachrichten antworten, auch wenn sie schon blaue Haken haben. Vor allem, wenn es gerade nicht um Leben und Tod oder deine beste Freundin geht, die ihren Ex auf Tinder gefunden hat. Gar nicht auf Nachrichten zu antworten und dauernd abzusagen, nur weil man keinen Bock hat, sich nochmal eine Hose anzuziehen, ist hingegen keine Selbstfürsorge, sondern faul und arschig. Im schlimmsten Fall endet das damit, dass du wirklich nur noch mit dir selbst verbunden bist und glaub mir, das ist eine ziemlich einseitige Verbindung.

6. Befreie deine Gedanken

Dass die Gedanken frei sind, wissen wir spätestens seit dem niedlichen Ohrwurm-Jingle der deutschen Telekom. Rein theoretisch ist das auch so. Wenn ich mir in meinen Gedanken vorstellen will, wie Channing Tatumn zum Takt von “Drop it like its hot” Oralverkehr mit Mickey Mouse hat, dann kann mir das niemand verbieten! Leider sind unsere Gedanken in der Praxis gar nicht mehr so frei, sondern werden den ganzen Tag beeinflusst. Hier beginnt die Selbstfürsorge, denn du kannst aktiv mitentscheiden, womit und wie intensiv dieser Einfluss stattfindet. Ein Paradebeispiel ist Instagram. Wenn du schon in jeder freien Minute, sofort nach dem Aufstehen und sogar auf dem Klo nichts Besseres zu tun hast, als deine Timeline zu checken, dann fülle sie doch bewusst. Nämlich mit Dingen und Personen, die einen positiven Mehrwert für dich haben. Ja, das kann auch Francoise, das Teacup-Pig sein. Wenn Markus Söder dich aber nur abfuckt oder Fitness-Influencer dafür sorgen, dass du dich fühlst wie ein Krapfen, dann entfolge ihnen. Befreie deine Gedanken. Von Vorurteilen, den Zielen anderer Menschen und dem Müll-Einfluss, der dich nicht inspiriert.

7. Entfalte deine Seele

Was sich anhört, als könnte man es mal eben bei einer Runde Klangschalenmediation, zwischen Morgenkaffee und Kind abholen machen, ist leider gar nicht so easy. Man kann sich schließlich nicht einfach dazu entscheiden: “So, hier ist jetzt meine Seele und jetzt entfalten wir uns mal.” Schön wär´s! Aber dieser Aspekt der Selbstfürsorge ist leider echt der nervigste. Denn hier geht es nicht darum, irgendetwas NICHT zu machen oder sich genüsslich ein Stück Kuchen einzuverleiben. Sondern wirklich darum, aktiv dafür zu sorgen, dein Seelen-Potenzial zu nutzen. Entfalten, dass passiert nämlich meistens dann, wenn wir etwas tun, was uns glücklich macht. Falls du nicht weißt, was das ist, kein Problem – nur mehr Arbeit. Denn dann musst du eben, im Zweifelsfall durch Ausprobieren, feststellen was dich glücklich macht. Hast du mal herausgefunden, was dich strahlen lässt, dann mach es oft und viel. Meine persönlichen Seelenentzitronenfalter sind unter anderem Schreiben und BDSM. Willkommen auf Kitteh`s Blog! Checkst du?

Kittehs Selbstfürsorge – Do’s and Dont’s

Ihr habt immer noch nicht genug und wollt einen Einblick in meine ganz persönliche Art der Selbstfürsorge? Hier ein Auszug meiner Do`s und Dont`s. Die erste Version dieser Liste ist übrigens bereits 2019 entstanden. Ich kann es kaum glauben, dass die unglücklich verheiratete, depressive Strich-Augenbrauen-Version von Kitteh zumindest theoretisch schon wusste, wie’s geht. ´Selbstfürsorge ist nicht:

  • Sich Kringel in den Milchschaum zwirbeln
  • Eine Yankee-Candle anzünden
  • Designerhandtaschen kaufen
  • Sich zum Yoga-Kurs zwingen, wenn man sich danach jedes Mal so fit fühlt wie ein altes Spültuch
  • Jedes hochkalorische Lebensmittel als “Soulfood” deklarieren
  • Auf der Couch liegen bleiben, statt Sport zu machen
  • Ein Buch über Selbstliebe mit Streublümchen-Cover von irgendeinem C-Promi Influencer lesen
  • Trotz Speckrollen Unterwäschefotos posten um „real“ zu sein, obwohl man sich unwohl damit fühlt
  • Ein 5€-Lush-Badebombem-Schaumbad, dessen Rückstände man anschließend zwei Stunden lang aus der Keramik schrubben darf

Selbstfürsorge ist:

  • Laut aussprechen, wenn ich mich ungerecht behandelt fühle
  • Mir einen Fehler selbst genauso verzeihen, wie meinen Freunden
  • Ein cooles Outfit anziehen und sich den ganzen Tag gut darin fühlen
  • Mal gesund essen, auch wenn man eigentlich Lust auf Pommes hat
  • Sport machen, statt auf der Couch liegen zu bleiben
  • Freunden sagen “Nein, heute habe ich keine Lust auf xy.”
  • Nicht abwertend von sich selbst sprechen
  • Um 21:00 Uhr ins Bett gehen, wenn man einfach müde ist
  • Komplimente bewusst annehmen und sich darüber freuen
  • Nach Hilfe fragen

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