Diesen Artikel haben sich so viele gewünscht und nun komme ich endlich dazu ihn euch zu schreiben. Es geht um das Thema BDSM und eine ganz grundsätzliche Frage: Wie fange ich überhaupt damit an? Die Antwort darauf ist paradoxer Weise genauso einfach wie kompliziert. Denn kaum jemand wacht wohl eines morgens auf, wischt sich den Schlaf aus den Augen und entscheidet: „Ich glaube ich fange heute mit BDSM an.“

Foto: Isadora Phorography

Fragen, Zweifel und Unklarheiten entstehen erst, wenn man bereits Interesse an BDSM hat. Es geht also nicht darum, wie man anfängt sich überhaupt für Sadomasochismus, Fetische und Machtgefälle zu interessieren. Solche Neigungen entstehen von selbst und man entdeckt sie einfach: Zufällig, in gewissen Situationen oder wenn sie bei anderen beobachtet. In meinem Artikel möchte ich euch ein paar Hilfestellungen geben, wie ihr beginnen könnt euer Interesse zu vertiefen. Auch eure Fragen, die ihr via Instagram gestellt habt, werden mit einfließen.

Ich glaube ich stehe auf BDSM

Das ist der Gedanke mit dem alles anfängt. Und damit herzlich willkommen, du hast die Tür in unsere Welt bereits geöffnet – War gar nicht so schwer oder? Vielleicht bist du dir noch nicht sicher, ob das, was dich da interessiert wirklich unter BDSM fällt. Oder ob du wirklich auch in der Realität darauf stehst und nicht nur in deinen Gedanken. Keine Sorge, du musst diese und alle anderen Fragen in deinem Kopf erstmal noch gar nicht beantworten können. Das hat alles Zeit. Wichtig ist erstmal, dass du dich mit deiner Erkenntnis nicht unwohl fühlst. Sei dir sicher, dass deine Neigungen absolut in Ordnung sind. Ein kleines Schamgefühl oder Kribbeln im Bauch ist völlig normal. Das gehört dazu und macht das Thema natürlich auch spannend.

Wie sage ich das meinem/meiner Partner:in?

Verständlicherweise ist das einer der ersten Gedanken, vor allem wenn man in einer Beziehung lebt. Schließlich geht deine Sexualität dann in gewisser Hinsicht nicht nur dich allein etwas an. Im besten Fall habt ihr eine offene und gesunde Kommunikation über euer Sexleben und du kannst einfach gerade heraus ansprechen, was dich interessiert. Von praktischen Überraschungsaktionen mit Hundemaske und Paddle würde ich eher abraten. Das kann deine:n Partner:in überfordern. Außerdem fehlt dir dazu ja auch noch ein bisschen die Erfahrung, wenn wir ehrlich sind. Die könnt ihr vielleicht besser zu zweit sammeln. Wenn du dich schwer tust das Thema anzusprechen, kannst du auch einen Film oder ein Buch als „Aufhänger“ nutzen. Oder du schreibst eine Nachricht, wenn dir das leichter fällt. Inzwischen ist BDSM ja auch kein total abwegiges Tabuthema mehr in der Gesellschaft. Frag einfach: „Hast du eigentlich schon mal über BDSM nachgedacht?“

Du kannst eigentlich gar nicht viel falsch machen. Wichtig ist nur, dass du deiner Partnerperson kein Gefühl von Unzulänglichkeit vermittelst. („Unser Sex reicht mir nicht“ oder „In unserer Beziehung fehlt mir …“ – Das mag zwar die Wahrheit sein, schafft aber keine gute Ausgangslage für eine Weiterentwicklung.) Es ist natürlich auch okay, wenn du dich erstmal ein wenig informierst und das Ganze erst einmal für dich behältst. Spätestens bevor du anfängst praktische Erfahrungen zu sammeln, die über die grenzen der Monogamie hinaus gehen, musst du deine:n Partner:in einweihen.

Wo kann ich mich über BDSM informieren?

Wissen ist Macht. Auch wenn du die beim BDSM lieber abgeben möchtest ist es unabdingbar, dass du dir Wissen über BDSM aneignest. Denn Kompetenz bedeutet auch Sicherheit. Je mehr du über deine Neigungen, über Praktiken und Möglichkeiten weißt, desto besser fühlst du dich auch damit. Informationsangebote gibt es zwar viele, leider sind sie aber nicht so leicht zu finden. Aber hey, du hast diesen Blog gefunden, das zeigt, dass du eigentlich schon weißt, wo du suchen musst. Hier noch ein paar andere Anlaufstellen und Empfehlungen:

Abraten würde ich dir davon, dich durch BDSM-Foren und Profile von Dating- , Sexportalen und Anzeigen zu lesen. Hier geht es meistens um Partnersuche und oft tummeln sich hier auch schwarze Schafe, deren Beiträge nicht moderiert und geprüft werden. (Das Magazin von Deviance ist eine Ausnahme, die Artikel, die du hier findest, sind zum Teil von mir oder von zwei anderen wundervollen, kompetenten Autorinnen verfasst.) Als Faustregel gilt: Texte und Beiträge, die dich anmachen, ins Extreme gehen oder nur die Sicht einer Rolle spiegeln sind nicht zu Informationszwecken geeignet.

Auch auf Social Media findest du viele Accounts, so wie meinen (zartbitternacht), die sich mit BDSM, Sex und allem was dazu gehört befassen. Andere sexpositive Accounts, die empfehlen kann sind:

Erst Theorie, dann Praxis

In Filmen und Büchern wird leider oft vermittelt: Du willst BDSM? Dann probier es einfach aus! Geh zu einer Domina, lass dich von einem sexy Fremden entführen oder kauf dir sofort das passende Outfit. In der Realität werden so aber in den seltensten Fällen schöne erste Erfahrungen gesammelt. Völlig uninformiert kann das sogar ziemlich in die Hose gehen (nicht auf die sexy Art). Hier eine Liste von BDSM Grundbegriffen, die du einfach mal googeln kannst:

Und noch eine kleine Liste, falls du diese Begriffe alle schon kennst:

Ich kann mir gut vorstellen, dass du mit so viel Input erstmal überfordert bist. Nimm dir Zeit, du musst auch nicht alles auf einmal lesen/verstehen. Du kannst dir auch beispielsweise jeden Tag einen Begriff aussuchen. Vieles muss auch erstmal im Kopf ankommen und man muss es gedanklich selbst einordnen. Es ist okay, wenn dich etwas erstmal abschreckt oder verwirrt. Hab Geduld mit deinen eignen Gedanken.

Wie komme ich in die BDSM-Szene?

Herzlichen Glückwunsch, du bist schon mitten drin! Aber mir ist schon klar, du willst auch aktiv an dieser interessanten Community teilhaben. Das schönes ist: Die BDSM-Szene ist eigentlich unfassbar aufgeschlossen, tolerant und wohlwollend. Wer andere mit Respekt behandelt und mit guten Umgangsformen auftritt, findet schnell Anschluss. Aber wo und wie?

Foto: Isadora Photography

Jetzt kommen wir endlich zu den Online-Foren. Ich selbst bin nicht der größte Fan davon, da sich für mich eine natürliche Kommunikation im Reallife authentischer anfühlt. Aber ich kenne viele, die oft und gern Kontakte über Fetlife, Joyclub, Deviance und Co. knüpfen. Nicht nur im Bereich Partnersuche, sondern auch um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Twitter hat übrigens auch eine sehr große BDSM-Bubble in Deutschland.

Real kannst du nach Stammtischen in deiner Stadt googeln oder Messen besuchen (z. B. Boundcon, Venus, German Fetisch Ball). Am Stand lässt es sich schnell drauf los quatschen und du gewöhnst dich daran frei über BDSM zu sprechen. Zu bestimmten Praktiken, besonders zum Fesseln, findest du auch Workshops. Ob du allein oder mit einer anderen Person zusammen den Kontakt zur Szene suchst, bleibt dir überlassen. Ich finde beides hat seine Vorteile. Eine andere Person kann dir Sicherheit geben, aber allein kannst du vielleicht noch offener mit deinen Vorlieben umgehen.

Wie merke ich ob ein Kontakt im BDSM Bereich seriös ist?

Zwei Dinge auf die du hören solltest: Dein Bauchgefühl und die Empfehlung/Warnung von anderen aus der Szene. Seriös ist ein Kontakt, wenn man dir keine Ideologie aufdrängen möchte, dich nicht bevormundet, oder dir direkt eine Rolle zuweist. In Gesprächen/Chats solltest du dich respektvoll behandelt fühlen (auch wenn du devot bist). Wer dir etwas verkaufen oder dich von etwas überzeugen will, ist selten an deiner Entwicklung und deinem Wohlbefinden interessiert. Wenn du erst wenige Menschen mit gleichen Interessen kennst, solltest du dich auch nicht gleich zu Beginn auf eine Person versteifen. Auch wenn ihr euch super versteht, sprich auch mit anderen und suche nach verschiedenen Perspektiven.

Du würdest gern auf eine Fetisch-Party gehen?

Besonders das Thema Fetisch-Party ist für Neueinsteiger sehr interessant. Denn was wäre besser um in die Szene einzutauchen, als eine lockere Veranstaltung zu der jede:r einfach mal hingehen und schauen kann? Was es für Fetisch-Partys gibt und wie sie sich unterscheiden, dazu habe ich hier schon mal einen ausführlichen Artikel geschrieben. Mein persönlicher Tipp für deine erste Party: Wähle eher ein größeres Event. Vielleicht denkst du es wäre besser mit einer kleinen Party mit wenigen Gästen anzufangen. Meine Erfahrung nach sind kleinere Partys aber oft sehr intim und machen nur Spaß, wenn die Gäste sich gut kennen und/oder sehr sicher sind mit dem was so ablaufen soll. Für Einsteiger:innen ist das eher schwierig, weil man weniger mit der Masse verschwimmt und nicht so leicht „einfach mitmachen“ kann. Ich würde eher eine große Party, wie die Subrosadictum empfehlen, auf der du wirklich einfach erstmal Eindrücke sammeln kannst.

Bestimmt fragst du dich auch, was du denn auf so einer Fetisch-Party anziehen sollst, kannst und darfst (Stichwort: Dresscode). Keine Sorge auch, hierzu gibt es bereits einen ausführlichen Artikel von mir. Den findest du hier. Natürlich macht es auch Spaß, sich einfach mal in einem Shop für BDSM Kleidung umzuschauen und sich dort persönlich beraten zu lassen. Wenn ihr aus München kommt, schaut unbedingt bei My holy Desires vorbei – und grüßt immer die liebe Dame vor Ort von der Kitteh. Ich verspreche euch, sie ist umwerfend.

Brauche ich für BDSM ein Coming out?

Das entscheidest du selbst, wenn der Zeitpunkt richtig ist. Ich kenne sowohl Kinkster (so kann man Personen mit kinky Neigungen nennen), die total offen ausleben, auf was sie stehen. Aber auch solche, denen du es niemals ansehen würdest. Außerdem gibt es nicht nur schwarz und weiß. Es ist auch gängig seine kinky Seite nur in einem bestimmten Freundeskreis offen zu kommunizieren, sich aber innerhalb der Familie oder bei Arbeitskollegen bedeckt zu halten. Du kannst entscheiden wie viel du bei wem preisgibst. Manchen möchtest du vielleicht nur erzählen, dass du mit deiner Partnerin auch gern mal Rollenspiele machst, anderen berichtest du stolz, dass du seit zwei Wochen keusch gehalten wirst. Bedenke aber, dass nicht jede:r offen und unvoreingenommen reagiert. Sicher spürst du selbst, mit welchen Personen du dich beim Thema BDSM wohl fühlst.

BDSM als unerfahrene Person – Erste praktische Erfahrungen

Eine Frage aus Instagram lautete: „Was, wenn ich als unerfahrener Part meine:n Gegenspieler:in in der Praxis nicht zufrieden stellen kann? Was wenn ich mich lächerlich mache?“ Ich habe diese Frage rausgepickt, weil ich glaube, dass diese Angst in jedem schlummert oder mal geschlummert hat. Und hat sie wirklich nur was mit BDSM zu tun? Das wichtigste bei jedem sexuellen/intimen Kontakt ist Vertrauen. Je mehr Vertrauen du zu der Person, mit der du spielst hast, desto weniger Sorgen machst du dir um deine „Performance“. Es geht nicht darum jemanden zufrieden zu stellen. Versteh es nicht als Aufforderung abzuliefern, wenn dein:e Partner:in dich fragt ob ihr etwas ausprobieren wollt. Stell dir vor ihr kocht zusammen ein neues Rezept. Klar kann das schief gehen. Oder nur ganz okay schmecken. Vielleicht kocht ihr es danach nie wieder. Oder es sah bei YouTube irgendwie geiler aus. Vielleicht probiert ihr nächste Woche ein anderes Rezept. Vielleicht war das Fleisch zu zäh, aber das Gemüse richtig gut.

Und noch ein kurzes Wort zum Thema lächerlich machen. Lachen gehört dazu. Auch beim BDSM. Wie oft ich schon mitten drin einen Lachanfall bekommen habe! Wie oft ich mich schon in Nachhinein mit meinem Partner darüber lustig gemacht habe, was einer von uns während einer Session gesagt/gemacht hat! Es ist nicht lächerlich. Es macht Spaß. Wer es gut mir dir meint, wird dich niemals auslachen sondern dir den Mut geben Unsicherheit in positive Aufregung zu verwandeln.

Mein:e Partner:in möchte kein BDSM

Genauso wie du dir wünscht, dass dein:e Partner:in dein Interesse für BDSM akzeptiert und so musst du eventuell auch tolerieren, dass auf der anderen Seite vielleicht keine Vorlieben bestehen. Klar sollte sich dein:e Liebste:r innerhalb einer Partnerschaft zumindest dafür interessieren, was du fühlst. Aber wenn es einfach nicht sein/ihr Ding ist, dann ist das okay. Dann solltest du ihm/ihr auch nicht das Gefühl geben nicht „genug“ oder gar „schuld“ zu sein, wenn dir etwas fehlt.

Es kann auch als kinky Person funktionieren eine erfüllte Beziehung mit einem „Vanilla“ zu führen. Dafür gibt es viele mögliche Konstellationen. Wichtig ist viel offene Kommunikation, Liebe und Verständnis. Zum Abschluss findest du hier meine persönliche Erfahrung in einer Story.

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